Projekt Beschreibung

Antrag: Initiierung eines Bürgerentscheids zur Ausweitung der Parkraumbeweirtschaftung nach § 46 Abs. 4 BezVerwG

Antragsteller: Recke/Bergmann

Die BVV möge beschließen:

Der Bezirk Charlottenburg-Wilmersdorf führt im kommenden Jahr einen Bürgerentscheid über folgende oder ähnliche Frage durch: „Stimmen Sie für die Aufforderung an das Bezirksamt, die Parkraumbewirtschaftung in Charlottenburg-Wilmersdorf nicht auszuweiten?“

Begründung:

Am 23.09.2007 haben sich die Bürgerinnen und Bürger des Bezirks Charlottenburg-Wilmersdorf mit großer Mehrheit gegen die Ausweitung der Parkraumbewirtschaftung ausgesprochen. Es stimmt, dass seitdem fast 15 Jahre vergangen sind. Nichtsdestotrotz ist es ein Votum, welches weiterhin gültig ist und nicht revidiert wurde. Die Argumentation, dass der Bürgerentscheid „überholt“ wäre, bewegt sich auf sehr dünnem Eis. Wer legt fest, wann ein Bürgerentscheid überholt ist? Sind andere Bürger-/Volksentscheide nach 15 Jahren grundsätzlich auch überholt?

Es ist ein legitimes Anliegen des Bezirksamts, sich für die Parkraumbewirtschaftung stark zu machen. Dabei mag es der bequemste Weg sein, die Bürger nicht erneut zu befragen, jedoch ist dies eine herbe Beschädigung der Bürgerbeteiligung. Das Signal, welches von dem Übergehen des Bürgerentscheids ausgeht, ist, dass ein Entscheid immer nur so viel Wert ist, wie die aktuell Regierenden von dem Ergebnis halten. Die Kultur, die dieses Vorgehen entfaltet, ist jene von nach Anstandsfristen stets wieder aufgehobenen Volks- und Bürgerentscheiden. Es liegt in der Natur der Sache, dass ein Bezirksamt gegen das Anliegen eines Bürgerentscheids ist. Wäre ein Bezirksamt stets mit dem Anliegen eines Bürgerbegehrens d’accord, würde es keine Bürgerentscheide geben. Gerade deswegen, weil ein Bezirksamt zumeist politisch gegen das Ansinnen eines Bürgerentscheids ist, hat es mit dem Ergebnis von diesen mit besonderer Sorgfalt umzugehen. Es ist ein formal festgehaltener Ausdruck des Bürgerwillens und ein Bezirksamt hat zuvorderst die Interessen der Bürgerschaft zu beachten und nicht jene des eigenen Parteibuchs. Ein Bezirksamt, welches sich in Lauerstellung darauf begibt, einen gültigen Bürgerentscheid zu konterkarieren, sobald dieser „überholt“ ist, handelt nicht im Interesse der Bürgerschaft.

Regierende Parteien sollten sich immer bewusst sein, dass sie die Macht nicht gepachtet haben. Entsprechend sollten sie auch mit einer Opposition aus der Zivilgesellschaft in Form von Bürgerentscheiden umgehen. Auch das aktuelle Bezirksamt sollte so mit einem Bürgerentscheid umgehen, wie sie es sich wünschen würden, wenn sie in der Opposition wären.

Die Meinung, der Wind habe sich auch in der Bürgerschaft gedreht und entsprechend sei die Einführung der Parkraumbewirtschaftung angebracht, könnte berechtigt sein. Jedoch ist dies eine subjektive Einschätzung. Das Bezirksamt kann nicht wissen, wie die Bürger zu diesem Thema heute entscheiden würden. Die Argumentation, dass mit der Wahl 2021 der Bürgerwille zu dem Thema ausgedrückt wurde, trägt genauso stark/wenig wie die Argumentation 2007, dass bei der Wahl 2006 der Wille zur Parkraumbewirtschaftung explizit ausgedrückt wurde. Beide aus den Wahlen hervorgehende Bezirksämter waren bzw. sind für die Ausweitung der Parkraumbewirtschaftung. Die FDP-Fraktion kommt in der Einschätzung des aktuellen Bürgerwillens zudem zu einem anderen Schluss als das Bezirksamt. Gemeinsam könnte man jedoch herausfinden, was die Meinung der Bürgerschaft ist.

Mit dem „Ratsbegehren“ ist der Bezirksverordnetenversammlung ein Instrument an die Hand gegeben, welches genau für diese Situation maßgeschneidert ist. Es gibt einen gültigen Bürgerentscheid, den die Zählgemeinschaft gerne aufheben möchte. Ein von der BVV initiierter Bürgerentscheid könnte den alten Bürgerentscheid aufheben. Wenn die Bürger, ihre Entscheid von 2007 bestätigen, sollte dies jedoch ebenfalls respektiert werden.

Es wird argumentiert, es sei nicht Aufgabe des Bezirksamts, Bürgerentscheide anzustoßen. Jedoch gibt es genau für diese Konstellation den § 46 Abs. 4 BezVerwG. Mit diesem kann sich das Bezirksamt vergewissern, dass sich der Wind in der Bürgerschaft tatsächlich gedreht hat. Diese Vergewisserung mag nervig sein, sie ist aber die aus demokratischer Sicht gebotene.

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